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Öffentliche Vortragsreihe

Vortragreihe_WS22_23_Studierende

Alles im Blick? Interdisziplinäre Vortragsreihe Nachhaltigkeit

Von grüner Chemie über nachhaltige Techniksysteme hin zu sozialer Gerechtigkeit und Naturphilosophie. In der interdisziplinären Vortragsreihe wird Nachhaltigkeit als Querschnittsthema aller Fachbereiche behandelt.

Das Team hinter der Vortragsreihe versteht Nachhaltigkeit als einen kontinuierlichen Prozess hin zu einer ökologisch tragfähigen und sozial gerechteren Gesellschaft, in der den Bedürfnissen heute lebender und zukünftiger Generationen Rechnung getragen wird. Mit diesem Verständnis geht es in der Vortragsreihe darum, Fragestellungen und Lösungsansätze für Nachhaltigkeitsthemen aus Natur-, Sozial-, Geisteswissenschaften und Technik kennenzulernen und im Austausch zwischen Teilnehmenden und Referent*innen von- und miteinander zu lernen.

Studierende der Universität Freiburg und EUCOR-Universitäten können die Veranstaltung (2 ECTS-Punkte) via HisInOne Campus Management belegen.

Die Teilnahme als Gasthörer*in vor Ort ist möglich.

 

Die Programme der vergangenen Semester finden Sie in den untenstehenden Übersichten. 

Vortragsreihe bisher verpasst? Zahlreiche Vorträge zum Nachschauen finden Sie hier.

 

Die interdisziplinäre Vortragsreihe im Wintersemester 2023/24

Eine Übersicht der Themen und Referent*innen des Wintersemesters 2023/24:

 

1. Planetary Health, One Health: Von Menschen, Tieren und Geistern

Prof. i.R. Dr. Judith Schlehe und Prof. Dr. Jakob Zinsstag-Klopfenstein, Schweizerisches Tropen- und Public Health Institut, Universität Basel

Dieser Tandem-Vortrag geht der Frage nach, welchen Beitrag One Health bzw. Planetary Health Perspektiven aus Ethnologie und Tiermedizin zum Konzept und zu Praxen der Nachhaltigkeit leisten können.

Von konzeptionellen Überlegungen ausgehend, wird anhand von Beispielen aus diversen Weltregionen deutlich, wie unterschiedlich sich das Zusammenwirken der verschiedenen Dimensionen von Natur, Leben und Heilung darstellt.

 Wie wurde die COVID-19 Pandemie im Rahmen kultureller Debatten und Konflikte in Indonesien verstanden? Welchen Stellenwert haben mythologische Mischwesen und Geistervorstellungen angesichts von Medikalisierung und Mediatisierung? Ausgehend vom One Health Konzept werden auch Beispiele aus Guatemala, Mali, Tschad und der Schweiz besprochen. Das Heil der Seele und die Gesundheit des Körpers sind überall stark miteinander verknüpft. Die meisten Menschen leben in verschiedenen Welten, deren Wissensgrundlagen oft stark verschieden sind. Die westliche Medizin erscheint als eher eingeschränkt in der Berücksichtigung der geistlichen Gesundheit. Der Einbezug der menschlichen und tierischen Gesundheit hat unerwartet große Konsequenzen für philosophische Ansätze und ethische Fragen der Mensch – Tier Beziehung. Ausblicke werden besprochen aus der Sicht einer neuen Aufklärung und es wird auch Bezug auf Ängste im Zusammenhang mit dem Artenverlust und Klimawandel genommen.

Der Vortrag zielt darauf ab, Fragestellungen, Denk- und Forschungsansätze zu erweitern. Planetares Denken und One Health Ansätze beinhalten grundsätzlich eine Gesamtperspektive. Was aber gehört zum „Gesamten“ dazu, wer und was wird von wem ein- und ausgeschlossen und wie lässt sich dies verändern? Wir möchten dazu ermutigen, hier neue Wege einzuschlagen.

 

2. Geschichte(n) der Nachhaltigkeit in Antike und Neuzeit

Prof. Dr. Melanie Arndt, Historisches Seminar, Universität Freiburg und Prof. Dr. Astrid Möller, Seminar für Alte Geschichte, Universität Freiburg 

Was haben heutige politische oder auch wissenschaftliche Debatten zur Nachhaltigkeit mit Geschichte zu tun? Der Tandemvortrag setzt sich zum Ziel, Kontinuität und Wandel der Vorstellung nachzuzeichnen, der zufolge die Nutzung von Ressourcen unter Berücksichtigung ihrer Generationsfähigkeit zu geschehen hat. Eine transepochale und interkulturelle Betrachtung verspricht hier aufschlussreiche Einblicke.

Der griechisch-römischen Antike war das Nachdenken über Nachhaltigkeit fremd. Auch wenn es Hinweise darauf gibt, dass die zerstörerischen Auswirkungen menschlichen Handelns auf die Umwelt thematisiert wurden, folgten daraus keine Forderungen nach einer umweltschonenden Ausnutzung natürlicher Ressourcen. In der Praxis wurden Materialien zwar aus ökonomischen Gründen wiederverwendet, aber man ging davon aus, dass sich natürliche Ressourcen durch göttliches Zutun regenerieren würden.

Der zweite Teil des Vortrags skizziert Ideen, Umsetzungen und Grenzen von Nachhaltigkeit in der Neuzeit. Warum prägte Hans Carl von Carlowitz ausgerechnet im 17. Jahrhundert den Begriff „Nachhaltigkeit“? Welche Probleme wollte er lösen und für wen galt diese „pflegliche“ Wirtschaftsweise? Weitere Fragen betreffen die Rolle historischer Zäsuren wie der „Entdeckung“ Amerikas, der Erfindung der Dampfmaschine und der Aufteilung der Welt im Kalten Krieg für unser Verständnis von Nachhaltigkeit. Die dabei ausgelösten kontroversen Debatten in der (Umwelt)Geschichte werden ebenso berücksichtigt.

 

3. Zustand der Artenvielfalt auf unserem Planeten - Was macht das mit uns? Was ist jetzt möglich?

Prof. Dr. Peter Biedermann und Dr. Vienna Kowallik, Forstentomologie und Waldschutz, Universität Freiburg

In diesem interaktiven Vortrag schauen wir auf den aktuellen Zustand unserer Tierwelt – wie steht es um das Leben in Deutschland und auf unserem Planeten? Was lösen diese Fakten in Dir / in uns aus? Wie können wir einen Beitrag zu einer positiven Transformation leisten? Letzteres möchten wir durch positive und inspirierende Fallbeispiele gemeinsam erörtern.

 

4. Nachhaltigkeit durch Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie? Von globalen Stoffkreisläufen, wandelbaren Holzhäusern und gelangweilten Handwerker:innen

Prof. Dr. Stefan Pauliuk, Professor für nachhaltiges Energie- und Stoffstrommanagement  der Universität Freiburg: Plastik, Beton und Holz – die stoffliche Seite der Nachhaltigkeit

Energieflüsse und Stoffströme sind für die Abdeckung unterschiedlichster menschlicher Bedürfnisse zentral, sie sind jedoch auch wesentliche Treiber globaler Umweltveränderungen. Die Herstellung von Materialien wie z.B. Zement, Stahl, oder Plastik verursacht ca. ein Viertel aller technischen Treibhausgasemissionen. Der Wissenschaftsbereich ‚Nachhaltiges Energie- und Stoffstrommanagement‘ zeigt die historischen und gegenwärtigen Zusammenhänge zwischen menschlichen Bedürfnissen, Material- und Energienutzung und die aus dieser Nutzung entstehenden Umweltprobleme auf und entwickelt detaillierte Szenarien für die Entkopplung der Bedürfnisabdeckung von globalen Umweltveränderungen. Der Vortrag gibt eine Übersicht über das Forschungsgebiet und stellt zentrale gesellschaftlich relevante Ergebnisse anschaulich dar.

Dr. Sarah May, Leitung im Projekt, Bioökonomie als kulturelle Transformation‘ und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie der Universität Freiburg: Holz als ‚Ressource der Zukunft‘?! Motivationen, Praktiken und Grenzen im Arbeitsalltag von ,Pionier:innen der Bioökonomie‘

Im Kontext aktueller Diskurse um Nachhaltigkeit und einem spezifischen Interesse an der Förderung von ‚grünem Wachstum‘ in Form von ‚Bioökonomien‘ arbeiten Akteur:innen in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik daran, die Verwendung von Holz im Bausektor mittels finanzieller Anreize und materialer Innovationen zu vergrößern. Als nachwachsender und regional verfügbarer Rohstoff, der noch dazu CO2 bindet und baulich vielseitig einsetzbar ist, erscheint Holz zunächst als ideale Ressource für zukunftsorientierte Bau- und Wirtschaftsweisen. Welche Effekte haben diese Förderungen für Akteur:innen der Baubranche? Welche Motivationen, Praktiken und auch Herausforderungen prägen ihren Arbeitsalltag? Der Vortrag präsentiert Ausschnitte eines ethnografischen Forschungsprojektes, das darauf zielt, Bioökonomie aus Perspektive der involvierten Akteur:innen zu verstehen.

 

5. Landwirtschaft unter den Herausforderungen des Klimawandels: Nachhaltiger Weinbau

Prof. Dr. Peter Nick, Joseph Gottlieb Kölreuter Institut für Pflanzenwissenschaften, Karlsruher Institut für Technologie und Dr. Rene Fuchs, Staatliches Weinbauinstitut Freiburg

Sommerliche Hitze und Trockenheit infolge des Klimawandels setzen den Weinreben zu: wie können pilzresistente und kimafeste Reben helfen, um den Weinbau nachhaltiger zu machen? Nähere Informationen unter:

https://www.sts.kit.edu/expertinnen-und-experten-des-kit_nick.php

 

6. Auf Privilegien verzichten & Beiträge der Achtsamkeitspsychologie für Wege zur Nachhaltigkeit

Prof. Dr. Nina Degele, Institut für Soziologie, Universität Freiburg und Prof. Dr. Timo Heimerdinger, Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie, Universität Freiburg: Auf Privilegien Verzichten

Zahlreiche Analysen zu den Themen Energie, Mobilität oder Kleidung zeigen, dass die Reduktion von Konsum ein hohes Potential für das Erreichen von ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitszielen birgt - zumal der mitteleuropäische Lebensstil hier deutlich über dem Weltdurchschnitt liegt. Doch Verzicht hat ein schlechtes Image und Privilegien haben ja immer die Anderen. Nina Degele und Timo Heimerdinger zeigen Zusammenhänge zwischen Privilegien und Verzichtspraktiken in Theorie und anhand von Fallbeispielen auf und diskutieren die Brauchbarkeit der Konzepte mit Blick auf aktuelle gesellschaftliche Krisensituationen.

Dr. Hendrik Stark, Universitätsklinikum Freiburg Sektion Systemische Gesundheitsforschung: Beiträge der Achtsamkeitspsychologie für Wege zur Nachhaltigkeit

Wenn es um (Nicht-)Nachhaltigkeit geht, geht es im Kern immer um Menschen, und Menschen sind fühlende Wesen in ihrer Erfahrungswelt. Subjektive Erfahrungen sind jedoch in den Wissenschaften im Allgemeinen und damit auch in den Nachhaltigkeitswissenschaften seit jeher marginalisiert. Hier setzt die Achtsamkeitspsychologie (oder korrekter: die kontemplativen, reflexiven Wissenschaften) an. Rund um die Achtsamkeit hat sich mittlerweile eine eigene Forschungsdisziplin entwickelt, deren Wirkungen zunehmend auch im Kontext von umweltgerechtem, prosozialem Verhalten und Nachhaltigkeit insgesamt konzeptualisiert, diskutiert und untersucht werden. In diesem Vortrag werden die kontemplativen Wissenschaften, die dazugehörige Meditationspraxis und ihre Wurzeln in der buddhistischen Tradition der Geistesschulung kurz vorgestellt und in den wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskurs eingeordnet. Es werden Beispiele vorgestellt, wie Beiträge aus den kontemplativen Wissenschaften die klassische Umweltpsychologie und die Nachhaltigkeitswissenschaften bereichern können und wie sie eine kritische Reflexion unserer modernen Kultur und Weltbilder inspirieren können, insbesondere unsere Wahrnehmung des Selbst als stilles Zentrum aller Nachhaltigkeitsbemühungen.

 

7. International developments: Rights of Nature – gaining traction around the world & Renewable Energies, Renewed Authoritarianisms?

Cristina Espinosa, PhD, Chair of Sustainability Governance of the Faculty of Environment and Natural Resources of the Albert-Ludwigs-Universität Freiburg: Rights of Nature - gaining traction around the world

Rights of Nature are rapidly gaining ground in the desperate search of solutions to the current socio-ecological crises. In the last 17 years, Rights of Nature have been recognized in national legal frameworks, municipal ordinances and court-rulings across multiple jurisdictions. In this presentation, I offer an overview of these developments and set the ground for a critical discussion of the potentials and limitations of Rights of Nature frameworks.

Cristina Espinosa, PhD, works as an Assistant Professor at the Chair of Sustainability Governance of the Faculty of Environment and Natural Resources of the Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. She is a Fellow of the Young Academy for Sustainability Research at the Freiburg Institute for Advances Studies (FRIAS).

Benjamin Schuetze, PhD, Arnold Bergstraesser Institute (ABI): Renewable Energies, Renewed Authoritarianisms?

How is politics driving the expansion of solar energy in the Middle East and North Africa (MENA) and how does this (re-)shape established authoritarian practices? Countries throughout the MENA are pursuing ambitious targets for a transition from fossil fuels to renewables. While this shift marks an important point of transition, the region's political economy is still predominantly analysed through the prism of fossil fuels and state-centric approaches. In this presentation, I seek to challenge the methodological nationalism of previous studies by applying a (trans-)regional approach that focuses on different actors within and beyond the nation-state.

Benjamin Schuetze, PhD, works as a Senior Researcher at the Arnold Bergstraesser Institute (ABI) in Freiburg, where he also leads a DFG-funded Emmy Noether Research Group. He is a Fellow of the Young Academy for Sustainability Research at the Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS).

 

8. Wirtschaft, Arbeitskultur, Grundeinkommen: Wege zu einer gerechteren Gesellschaft

Prof. Dr. Karl Justus Bernhard Neumärker, Professor für Wirtschaftspolitik und Direktor der Götz Werner Professur für Wirtschaftspolitik und Ordnungstheorie und Prof. Dr. Nothelle-Wildfeuer, Christliche Gesellschaftslehre, Universität Freiburg

 

9.  Nachhaltigkeit an der Uni Freiburg: Einblicke und Ideen-Workshop

Impulsvortrag und Workshop mit Lora Gyuzeleva, Nachhaltigkeitsmanagerin der Universität Freiburg und dem Studentischen Nachhaltigkeitsbüro der Universität Freiburg

 

Die interdisziplinäre Vortragsreihe im Wintersemester 2022/23

Eine Übersicht der Themen und Referent*innen des Wintersemesters 2022/23:

1. Nachhaltigkeitsforschung: faktengestützt, transformativ, dialogisch – wie geht das zusammen?

Prof. Dr. Michael Pregernig, Leitung der Professur für Sustainability Governance am Institut für Umweltsozialwissenschaften und Geographie der Universität Freiburg

Nachhaltigkeitspolitik ist mit einer Reihe neuer Herausforderungen konfrontiert, die sich unter anderem aus einer Vielzahl zum Teil widerstreitender Interessen und Werte, aus komplexen gesellschaftlichen Entscheidungsstrukturen über verschiedene Ebenen hinweg sowie aus der Notwendigkeit der Langfristorientierung gesellschaftlichen Handelns ergeben. Darüber hinaus steht Nachhaltigkeitspolitik vor einer besonderen Wissensherausforderung, da „Fakten“ oft nur von provisorischer Natur sind und wissenschaftliche Expertise in Zeiten der „Polykrise“ zunehmend durch verschiedene Arten von Gegenexpertise (einschließlich der Leugnung nachhaltigkeitspolitischer Problemlagen) und lokale Formen von Wissen in Frage gestellt wird. Folglich muss politische Steuerung einen heiklen Balanceakt vollziehen: Auf der einen Seite besteht die Notwendigkeit einer stärker „evidenzbasierten Politikgestaltung“, auf der anderen Seite gibt es kritische Stimmen, die eben darin die Gefahr einer Verwissenschaftlichung und Technokratisierung von Politik sehen. Vor diesem Hintergrund werden im Vortrag neuere Initiativen und Formate vorgestellt, die Forschung an „großen gesellschaftlichen Herausforderungen“ zu orientieren und dabei auch zivilgesellschaftliche Akteure in die Formulierung von Forschungsthemen sowie zum Teil auch in den Forschungsprozess selbst einzubinden zu versuchen (Stichwort: Reallabore, Citizen Science etc.). Diese neuen Forschungsansätze sind mit hohen normativen Erwartungen verknüpft. Der Vortrag diskutiert, inwieweit diese Erwartungen realistischerweise eingelöst werden können und welche (gegebenenfalls neuen) Rollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie außerwissenschaftliche Akteure einnehmen können oder sollen.

 

2. Dynamik und Zustand von Ökosystemen und deren Biodiversität: eine globale und regionale Betrachtung

Tandemvortrag von Prof. Dr. Michael Scherer-Lorenzen, Fakultät für Biologie, Professur für Geobotanik, zusammen mit Prof. Em. Dr. Albert Reif, Fakultät für Umwelt & Natürliche Ressourcen, Professur für Vegetationskunde

Ökosysteme zeichnen sich durch vielfältige Interaktionen zwischen den vorkommenden Organismen und ihrer Umwelt aus. Ein besonderes Merkmal aller Ökosysteme ist deren Biodiversität, d.h. deren quantitative, qualitative und funktionelle Vielfalt des Lebens. Zudem verändern sich Ökosysteme stetig: sie weisen eine hohe zeitliche und räumliche Dynamik auf, die durch menschliche Nutzung und Eingriffe oft verstärkt wird.

Michael Scherer-Lorenzen und Albert Reif möchten neben einigen naturwissenschaftlichen Grundlagen von Ökosystemen deren Biodiversität, Dynamik und aktuellen Zustand auf der globalen und regionalen Ebene vorstellen. Michael Scherer-Lorenzen führt in das Thema ein und bietet eine globale Betrachtung. Albert Reif bietet regionale Einblicke am Fallbeispiel der Buchenwälder Südwestdeutschlands.

 

3. Kreislaufwirtschaft: Stoffkreisläufe und kulturelle Herausforderungen

Tandemvortrag mit Prof. Dr. Stefan Pauliuk, Professor für nachhaltiges Energie- und Stoffstrommanagement  der Universität Freiburg, und Dr.in Sarah May, Leitung im Projekt ‚Bioökonomie als kulturelle Transformation‘ und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie der Universität Freiburg

Prof. Dr. Stefan Pauliuk: Plastik, Beton und Holz – die stoffliche Seite der Nachhaltigkeit

Energieflüsse und Stoffströme sind für die Abdeckung unterschiedlichster menschlicher Bedürfnisse zentral, sie sind jedoch auch wesentliche Treiber globaler Umweltveränderungen. Die Herstellung von Materialien wie z.B. Zement, Stahl, oder Plastik verursacht ca. ein Viertel aller technischen Treibhausgasemissionen. Der Wissenschaftsbereich ‚Nachhaltiges Energie- und Stoffstrommanagement‘ zeigt die historischen und gegenwärtigen Zusammenhänge zwischen menschlichen Bedürfnissen, Material- und Energienutzung und die aus dieser Nutzung entstehenden Umweltprobleme auf und entwickelt detaillierte Szenarien für die Entkopplung der Bedürfnisabdeckung von globalen Umweltveränderungen. Der Vortrag gibt eine Übersicht über das Forschungsgebiet und stellt zentrale gesellschaftlich relevante Ergebnisse anschaulich dar.

Dr.in Sarah May: Holz als ‚Ressource der Zukunft‘?! Motivationen, Praktiken und Grenzen im Arbeitsalltag von ‚Pionier:innen der Bioökonomie‘

Im Kontext aktueller Diskurse um Nachhaltigkeit und einem spezifischen Interesse an der Förderung von ‚grünem Wachstum‘ in Form von ‚Bioökonomien‘ arbeiten Akteur:innen in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik daran, die Verwendung von Holz im Bausektor mittels finanzieller Anreize und materialer Innovationen zu vergrößern. Als nachwachsender und regional verfügbarer Rohstoff, der noch dazu CO2 bindet und baulich vielseitig einsetzbar ist, erscheint Holz zunächst als ideale Ressource für zukunftsorientierte Bau- und Wirtschaftsweisen. Welche Effekte haben diese Förderungen für Akteur:innen der Baubranche? Welche Motivationen, Praktiken und auch Herausforderungen prägen ihren Arbeitsalltag? Der Vortrag präsentiert Ausschnitte eines ethnografischen Forschungsprojektes, das darauf zielt, Bioökonomie aus Perspektive der involvierten Akteur:innen zu verstehen.

 

4. Grüne Chemie, nachhaltige Pharmazie

Tandemvortrag mit Prof. Dr. Michael Müller, Professur am Lehrstuhl für Pharmazeutische und Medizinische Chemie am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Universität Freiburg, zusammen mit Karina Witte, Doktorandin am selbigen Lehrstuhl

Eine grüne, nachhaltige Chemie ist eine Voraussetzung für die Lösung zahlreicher Nachhaltigkeitsherausforderungen wie z.B. der Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft sowie neuer Produkte, die bereits existierende, umwelt- und gesundheitsschädliche Produkte ersetzen. Prof. Michael Müller führt in die 12 Prinzipien der grünen Chemie ein und diskutiert im Anschluss Bausteine einer nachhaltigen Pharmazie, für die es bisher noch kein etabliertes Konzept gibt. 

Nachhaltige Pharmazie hat das Ziel, effektive Therapien unter Berücksichtigung von Umwelt-, sozialen und wirtschaftlichen Kriterien bereitzustellen. Die Prinzipien der grünen Chemie sowie die Analyse globaler pharmazeutischer Lieferketten sind hierbei wichtige Aspekte, doch reichen nicht aus, um die komplexen Wechselwirkungen im Gesundheitssystem zu erfassen. Eine Unterscheidung zum Konzept der “grünen Pharmazie” hilft hierbei, Nachhaltigkeit und Nicht-Nachhaltigkeit klarer zu definieren.

 

5. Auf Privilegien verzichten

Tandemvortrag von Prof.in. Dr.in Nina Degele, Leitung der Professur für Soziologie und empirische Geschlechterforschung am Institut für Soziologie der Universität Freiburg, und Prof. Dr. Timo Heimerdinger, Professor für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie am gleichnamigen Institut

Zahlreiche Analysen zu den Themen Energie, Mobilität oder Kleidung zeigen, dass die Reduktion von Konsum ein hohes Potential für das Erreichen von ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitszielen birgt - zumal der mitteleuropäische Lebensstil hier deutlich über dem Weltdurchschnitt liegt. Doch Verzicht hat ein schlechtes Image und Privilegien haben ja immer die Anderen. Nina Degele und Timo Heimerdinger zeigen Zusammenhänge zwischen Privilegien und Verzichtspraktiken in Theorie und anhand von Fallbeispielen auf und diskutieren die Brauchbarkeit der Konzepte mit Blick auf aktuelle gesellschaftliche Krisensituationen.

 

6. Sustainable Development in Africa: the role of Sustainable Governance and Cultural Heritage

Logo ACT (VR 30.11.22)

Tandemvortrag in englischer Sprache, mit Prof. Dr. Andreas Mehler, Direktor des Arnold Bergstraesser Institut für kulturwissenschaftliche Forschung und Professor für Entwicklungstheorien und Entwicklungspolitik am Seminar für Wissenschaftliche Politik an der Universität Freiburg und Zainab Musa Shallangwa, Ph.D., Junior Postdoctoral Fellow, Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS)

Prof. Dr. Andreas Mehler: Sustainable Governance - nachhaltige Regierungsführung global sowie in und mit Afrika

Afrikanische Staaten haben die Sustainable Development Goals, die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, rhetorisch angenommen – doch konkrete Strategien und Maßnahmen sind weitgehend absent. In diesem Beitrag erläutert Andreas Mehler den Begriff und die Rolle von Governance für eine nachhaltige Entwicklung und diskutiert die Voraussetzungen nachhaltiger Governance anhand von Beispielen in afrikanischen Ländern.

Zainab Musa Shallangwa, Ph.D.: Rites of Passage and Sustainable Development: Insights from Displaced Kanuri Traditional Societies

In the context of internal displacement occasioned by the violent activities of the Boko Haram Insurgents in Northeast Nigeria, the research of Zainab Shallangwa underscores rites of passage for adolescents as potent and viable cultural practices that foster sustainable development in traditional Kanuri societies in Borno State, Nigeria. Previous studies have shown that a number of cultural practices have witnessed modifications and in some cases a decline, post displacement.  Her research advocates for the preservation of such practices for cultural sustainability and in turn, sustainable development.

 

 7. Imperien und ihre Rolle im Anthropozän

Vortrag mit Übungen von Dr. Javier Francisco, DFG Graduiertenkolleg Imperien, Mitglied der Young Academy for Sustainability Research am FRIAS der Universität Freiburg

Die Klima- und Biodiversitätskatastrophen spitzen sich jedes Jahr mit zunehmenden Treibhausgasemissionen und fortschreitender Landnutzung zu. Gemäß dem IPBES Bericht von 2019 wird die Menschheit aktuell Zeuge des größten Massensterbens in der Geschichte der Menschheit. Gleichzeitig warnen die Szenarien des Weltklimarats eindringlich vor einem Reißen der 1,5°C Marke. Wie konnte es dazu kommen?

In diesem Beitrag wird Javier Francisco globale frühneuzeitliche Prozesse darstellen, darunter: europäisch-indigene Interaktionen, imperiale Strukturen und Denkweisen, Eroberung und Zwangsenteignungen, neue Formen einer exportorientierten intensiven Landwirtschaft, globale Handelsketten und Investitionsströme und Zwangsarbeit in Form von Sklaverei. All diese Prozesse führten zu massiven ökologischen Transformationen, die sowohl die Biosphäre, als auch die Atmosphäre nachhaltig verändern sollten. Allerdings zeichnet sich für die Frühe Neuzeit ein differenzierteres Bild ab, welches erläutert und gemeinsam diskutiert werden soll.

 

 8. Klimawandel und Klimaneutralität

Tandemvortrag mit Prof. Dr. Hans-Martin Henning, Inhaber der Professur für Solare Energiesysteme am INATECH der Universität Freiburg und Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg, und Prof. Dr. Andreas Christen, Leitung der Professur für Umweltmeteorologie am Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften und Institut für Forstwissenschaften der Universität Freiburg

Prof. Dr. Andreas Christen: Was geschieht mit unseren CO2-Emissionen im globalen System?

Jedes Jahr emittieren wir Menschen vierzig Gigatonnen (das sind 40000000000 t) zusätzliches CO2 in die Atmosphäre mit den Folgen eines sich weiter verstärkenden globalen Treibhauseffektes und des damit ausgelösten Klimawandels. Diese menschgemachte, bedeutende Veränderung der Atmosphäre wird seit nahezu fünfzig Jahren hier in Freiburg auf dem Schauinsland beobachtet, wo die gemessene Konzentration des CO2 stetig ansteigt. Doch Daten vom Schauinsland zeigen auch, dass sich zurzeit nur die Hälfte des vom Menschen emittierten CO2 in der Atmosphäre anreichert – die andere Hälfte wird von Ozeanen und Landpflanzen aufgenommen. Können wir uns auch in Zukunft auf Landpflanzen und Ozeane verlassen, die einen Teil unserer Emissionen aufnehmen? Können Emissionsreduktionen lokal und global detektieren? Der Vortrag folgt unseren CO2 Emissionen im globalen Kohlenstoffkreislauf und zeigt, wie die Uni Freiburg in internationaler naturwissenschaftlicher Zusammenarbeit, z.B. in der Europäischen Forschungsinfrastruktur „Integrated Carbon Observation System (ICOS)“ beiträgt, dass wir die CO2 Konzentrationen in der Atmosphäre global bestimmen, unsere CO2 Emissionen und Emissionsreduktionen erfassen und quantifizieren, aber auch die Aufnahme des CO2 durch Landpflanzen messen und modellieren.

Prof. Dr. Hans-Martin Henning: Auf dem Weg in eine klimaneutrale Energieversorgung - Transformationspfade für die deutsche Energiewende

Prof. Hans-Martin Henning stellt mögliche Entwicklungen des deutschen Energiesystems von heute bis zur Mitte des Jahrhunderts dar, die zu einer Reduktion energiebedingter CO2-Emissionen um 55 % bis 65 % bis 2030 und 95 % bis 100 % zum Jahr 2050 gegenüber dem Vergleichswert aus dem Jahr 1990 führen. Basis der Untersuchungen bildet eine techno-ökonomische Optimierung unterschiedlicher Transformationspfade. Neben Fragen der technischen Machbarkeit und der Kosten spielt gesellschaftliches Verhalten eine maßgebliche Rolle dafür, ob und in welcher Form eine Umsetzung der Energiewende gelingen wird. Um diesem Aspekt Rechnung zu tragen, werden im Vortrag unterschiedliche Entwicklungen dargestellt, bei denen jeweils unterschiedliche gesellschaftliche Verhaltensweisen und Einstellungen eine dominante Rolle spielen und somit den Rahmen für die weitere Entwicklung der Energiewende vorgeben.

 

 9. Bedingungsloses Grundeinkommen und Nachhaltigkeit: eine ordnungsökonomische Perspektive

Vortrag mit Prof. Dr. Karl Justus Bernhard Neumärker, Professor für Wirtschaftspolitik und Direktor der Götz Werner Professur für Wirtschaftspolitik und Ordnungstheorie

Wie passen Konzepte eines Bedingungslosen Grundeinkommens und nachhaltige Entwicklung zusammen? Prof. Dr. Neumärker führt in diesem Beitrag in die ordnungsökonomische Perspektive auf Nachhaltigkeit ein und diskutiert das Potential eines Grundeinkommens am Beispiel des Klimaeinkommens und der Euro-Dividende. Herr Neumärker stellt Klimagerechtigkeit über eine CO2-Besteuerung durch die Umsetzung eines Klimaeinkommens in Aussicht und diskutiert die nationale und europäische Umsetzung des Klimaeinkommens bzw. der Euro-Dividende inklusive ethischer Fragestellungen und Folgen von volkswirtschaftlicher Umverteilung.

 

10. Kulturwissenschaften und Klimagerechtigkeit

Tandemvortrag mit Prof.in Dr.in Siglinde Lemke, Professorin für Nordamerikastudien am Englischen Seminar, und Jun.-Prof.in Dr.in Maria Sulimma, Juniorprofessorin für Nordamerikanische Literatur und Kulturwissenschaften

Im Bereich der Geisteswissenschaften sind durch Impulse und Anregung der Environmental Humanities und Energy Humanities zunehmend Fragen um Sustainability relevanter als je. Mit kulturwissenschaftlichen Methoden lassen sich der menschgemachte Klimawandel, dessen langfristigen Auswirkungen und Bedeutungen, aber auch die kritischen Darstellungen dessen in der Kunst und (Populär-)Kultur angemessen erforschen. Narrative um Klimawandel und Klimagerechtigkeit werden auf diverse und durchaus kontroverse Weise verhandelt. Unser Vortrag bzw. unser Dialog wird den Themenbereich cultural sustainability and ecoliteracy anhand von konkreten (Film-)Beispielen beleuchten. Ein besonderer Fokus liegt auf Fragen um Klimagerechtigkeit aus intersektionaler Perspektive, welche die Verschränktheit von Identitätskategorien wie Gender, Race, Class, Ability, und Age berücksichtigt. 

 

11. Innovationen mit Impact? – Nachhaltigkeitsbewertung technischer Systeme und Ansätze der Wirkungsmessung aus sozio-ökonomischer Sicht

Tandemvortrag mit Prof.in Dr.in Anke Weidlich, Professorin für Technologien der Energieverteilung am INATECH, und Prof. Dr. Stephan Lengsfeld vom Lehrstuhl Finanzwesen, Controlling und Entrepreneurship am gleichnamigen Institut, am Betriebswirtschaftlichen Seminar I

Prof.in Dr.in Anke Weidlich: Nachhaltigkeitsbewertung technischer Systeme

Was sind Kriterien für nachhaltige technische Systeme? Eine nachhaltige Zukunft setzt technische Systeme voraus, die neben einem geringen CO2-Fußabdruck auch wirtschaftliche, soziale und weitere ökologische Kriterien erfüllen.

Anke Weidlich führt in die integrative Nachhaltigkeitsbewertung von technischen Systemen auf Basis quantitativer Indikatoren ein.  Am Fallbeispiel des Energiesystems zeigt sie, dass ambitionierte Emissionsreduktionsszenarien insgesamt top Nachhaltigkeitsbewertungen erreichen können – doch die Ergebnisse der Modellierung sind abhängig von der Auswahl der Indikatoren und deren Gewichtung. Anke Weidlich diskutiert die Herausforderungen bei der Bewertung technischer Systeme und erläutert die Bedeutung nachhaltiger Energiesysteme für die Nachhaltigkeit anderer technischer Systeme.

 

 12. NaturenKulturen. Unser Verhältnis zur Natur in Verflechtungen denken

Vortrag und Reflexionsworkshop mit Dr.in phil. Marion Mangelsdorf, Zentrum für Anthropologie und Gender Studies (ZAG)

Der etwas holprige Begriff "NaturenKulturen", der sprachlich die Trennung zwischen Natur und Kultur aufhebt, versteht sich als Absage an Grenzziehungen zwischen Beidem. Zugleich ist es eine Einladung, den sozialen und lokalisierten Charakter von Mensch-Umwelt-Interaktionen zu betrachten; die Verpflechtungen, Fusionen und zirkulierenden Praktiken zwischen Natur(en) und Kultur(en) sowie deren Wandelbarkeit zu betonen. In diesem Sinne entwickelte die Evolutionsbiologin Lynn Margulis auch die Gaia-Theorie, die besagt, dass alles Leben auf der Erde auf Symbiogenese, d.h. auf Kooperation, nicht Konkurrenz beruht. Inwiefern regt dieses Denken zu einem Paradigmenwechsel in der Beziehung der Menschen zur Natur und Erde an? Marion Mangelsdorf führt in einem Vortrag in "NaturenKulturen" ein und leitet Teilnehmende anhand von Leitfragen durch eine Selbstreflexion der eigenen Naturbeziehung.

 

Die interdisziplinäre Vortragsreihe im Sommersemester 2022 

Eine Übersicht der Themen und Referent*innen des Sommersemesters 2022:

 

1. "Wir schaffen alles und machen es allen recht" - Das Leitbild der Nachhaltigkeit und die Probleme einer "Umsetzung" (am Beispiel der Forstwirtschaft)

Dr. Roderich von Detten, Akademischer Rat, Professur für Forstökonomie und Forstplanung, Universität Freiburg

Das Leitbild der Nachhaltigkeit ist zu schön, um wahr zu sein: Statt eine Lösung im Umgang mit Problemen und Herausforderungen des „Global Change“ bereitzustellen, fangen mit dem populären Begriff der „Nachhaltigkeit“ die Probleme erst an. Der Beitrag kreist um die Frage, mit welchen praktischen Herausforderungen der Versuch verbunden ist, das Leitprinzip der Nachhaltigkeit als Handlungsprinzip für den praktischen Umgang mit komplexen (Öko-)Systemen nutzbar zu machen. Das Beispiel der Forstwirtschaft, die für sich gerne die „Erfindung der Nachhaltigkeit“ beansprucht, ist insofern spannend, als der Anspruch auf Nachhaltigkeit im Umgang mit Wäldern meist über 100 Jahre in die Zukunft reicht – also mit dem Problem von Unsicherheit und Nicht-Wissen verbunden ist. Mit Blick auf die Forstwirtschaft lässt sich studieren, welche unterschiedlichen Funktionen der „Nachhaltigkeit“ im gesellschaftlichen Diskurs zukommen - und welche Probleme es dabei gibt, ein ethisches Leitprinzip vom Kopf auf die Füße zu stellen.

 

2. Heimische Artenvielfalt - wird der stumme Frühling nun Realität?

Prof. Dr. Peter Biedermann, Leiter der Professur für Forstentomologie und Waldschutz

Viele Länder verzeichnen aktuell dramatische Rückgänge der Artenvielfalt. Besonders gute Daten liegen hierfür bei den Vögeln vor. 

In dieser Präsentation stellt Peter Biedermann Studien zu Vogel- und Insektenbeständen aus unterschiedlichen Ländern und Lebensräumen vor und diskutiert mögliche Gründe für den Rückgang der Artenvielfalt. Am Ende bietet Peter Biedermann Anregungen, wie jeder Einzelne sich für die Erhaltung einer artenreichen Kulturlandschaft einsetzen kann.

 

3. Nachhaltigkeitsbewertung technischer Systeme

Prof.in Dr.in Anke Weidlich, Professorin für Technologien der Energieverteilung am INATECH

Was sind Kriterien für nachhaltige technische Systeme? Eine nachhaltige Zukunft setzt technische Systeme voraus, die neben einem geringen CO2-Fußabdruck auch wirtschaftliche, soziale und weitere ökologische Kriterien erfüllen. 

Anke Weidlich führt in die integrative Nachhaltigkeitsbewertung von technischen Systemen auf Basis quantitativer Indikatoren ein.  Am Fallbeispiel des Energiesystems zeigt sie, dass ambitionierte Emissionsreduktionsszenarien insgesamt top Nachhaltigkeitsbewertungen erreichen können – doch die Ergebnisse der Modellierung sind abhängig von der Auswahl der Indikatoren und deren Gewichtung. Anke Weidlich diskutiert die Herausforderungen bei der Bewertung technischer Systeme und erläutert die Bedeutung nachhaltiger Energiesysteme für die Nachhaltigkeit anderer technischer Systeme.  

 

 4. Geschichte(n) der Nachhaltigkeit

Prof.in Dr.in Melanie Arndt, Direktorin des Lehrstuhls für Wirtschafts-, Sozial-  und Umweltgeschichte am Historischen Seminar der Universität Freiburg

„Aus der Geschichte lernen“, heißt es oft im öffentlichen Diskurs. Doch inwieweit ist das überhaupt möglich? Was haben heutige politische oder auch wissenschaftliche Debatten zur Nachhaltigkeit mit Geschichte zu tun? Die Vorlesung setzt sich zum Ziel, zu zeigen, warum es sich lohnt, sich mit Kontinuität und Wandel von Nachhaltigkeit in der Geschichte auseinanderzusetzen und mehr über Hans Carl von Carlowitz zu wissen, als dass er den Begriff „nachhaltig“ prägte. Warum wurde Nachhaltigkeit ausgerechnet im 17. Jahrhundert zum Thema? Welche Probleme sollte sie lösen und für wen galt diese „pflegliche“ Wirtschaftsweise?
Die Vorlesung verfolgt Ideen, Umsetzungen und Grenzen von Nachhaltigkeit vom 16. Jahrhundert bis ins 21. Jahrhundert. Sie fragt danach, welche Rolle historische Zäsuren wie die „Entdeckung“ Amerikas, die Erfindung der Dampfmaschine oder die Aufteilung der Welt im Kalten Krieg für unser Verständnis von Nachhaltigkeit spielen und geht dabei auch auf kontroverse Debatten in der (Umwelt-)Geschichte ein.

 

5. Grüne Chemie und nachhaltige Pharmazie

Prof. Dr. Michael Müller, Professur am Lehrstuhl für Pharmazeutische und Medizinische Chemie am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Universität Freiburg

Eine grüne, nachhaltige Chemie ist eine Voraussetzung für die Lösung zahlreicher Nachhaltigkeitsherausforderungen wie z.B. der Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft sowie neuer Produkte, die bereits existierende, umwelt- und gesundheitsschädliche Produkte ersetzen. Prof. Michael Müller führt in die 12 Prinzipien der grünen Chemie ein und diskutiert im Anschluss Bausteine einer nachhaltigen Pharmazie, für die es bisher noch kein etabliertes Konzept gibt. 

Nachhaltige Pharmazie hat das Ziel, effektive Therapien unter Berücksichtigung von Umwelt-, sozialen und wirtschaftlichen Kriterien bereitzustellen. Die Prinzipien der grünen Chemie sowie die Analyse globaler pharmazeutischer Lieferketten sind hierbei wichtige Aspekte, doch reichen nicht aus, um die komplexen Wechselwirkungen im Gesundheitssystem zu erfassen. Eine Unterscheidung zum Konzept der “grünen Pharmazie” hilft hierbei, Nachhaltigkeit und Nicht-Nachhaltigkeit klarer zu definieren.

 

6. Naturkultur: vom globalen Aussterben zur lokalen Hoffnung

Tandemvortrag mit Dr. Javier Francisco, DFG-Graduiertenkolleg "Imperien", Mitglied der Jungen Akademie Nachhaltigkeit & Dr.in phil. Marion Mangelsdorf, Zentrum für Anthropologie und Gender Studies (ZAG)

Dr. Javier Francisco: Auswirkungen von Imperien auf die bio-kulturelle Vielfalt - ein globaler Blick 

Der weltweite Verlust von Arten geht einher mit einem Rückgang von kultureller Vielfalt. Wie hängen diese Phänomene zusammen? Ökolog*innen und Linguist*innen liefern bisher zwei Erklärungsansätze: erstens, die Evolution von Spezien und Sprachen sind von ähnlichen geographischen und klimatologischen Treibkräften beeinflusst. Zweitens treiben historische Entwicklungen in den vergangenen 500 Jahren den immer schnelleren Verlust von Arten und Sprachen an. Es spricht vieles dafür, dass Ereignisse wie die Gründung von Staaten, Zentralisierung von Gesellschaften, intensive Landwirtschaft, kapitalistische Wirtschaftsformen, große Migrationsströme und die Intensivierung von Landnutzung eine wesentliche Rolle in der Entwicklung von Arten- und Sprachenverlust geführt haben. All diese Prozesse waren untrennbar mit der Expansion der europäischen Imperien verbunden, deren Ausdehnung über 500 Jahre (ca. 1415 - 1970) Gesellschaften und deren Ökosysteme aller Kontinente betroffen hat. In diesem Beitrag wird Javier Francisco diese Prozesse darstellen und diskutiert, wie Erkenntnisse uns helfen können, aktuelle Prozesse in der globalen bio-kulturellen Vielfalt besser zu verstehen.

Dr.in phil. Marion Mangelsdorf: Pflanzen und Tiere als Verwandte von Menschen? Das Konzept der kin ecology, eine anthropologische Perspektive auf Artenverlust und –zusammenleben am Beispiel der kanadischen Gitga’at First Nation und Walen

In Bodies of Water (2019) weist die Kulturwissenschaftlerin der Feminist Environmental Humanities Astrida Neimanis daraufhin, dass nicht nur wir Menschen zu zwei Drittel aus Wasser bestünden, sondern dass die Erde ebenfalls zu zwei Drittel von Wasser umspannt sei. In diesem Beitrag lädt die Kulturwissenschaftlerin Marion Mangelsdorf dazu ein, in den Naturkulturraum Meer einzutauchen, in die verwundeten Meereswelten und instabilen Wasserkreisläufe, die in und um uns zirkulieren. Korallenbleiche, Überfischung, Verschmutzung durch Lärm und Mirkoplastik setzt der [Bio-]Diversität an und in den Ozeanen zu. Was bedeutet es, wenn wir von wechselweise aufeinander verwiesenen Naturkulturen ausgehen, von einem integrativen Konzept, das für die bedrohte Vielfalt in Flora und Fauna ebenso wie für die schwindende Vielfalt menschlicher Daseinsformen sensibilisiert?
Konkretisiert werden sollen diese Überlegungen anhand der kin-centric ecology, der Gitga’at First Nation eines kanadischen Meeresterritoriums. Ihrem Verständnis nach gelten Pflanzen als auch Tiere, selbst unbelebte Entitäten, wie Wasser und Wind, als Verwandte. Der Dokumentarfilm The Whale and the Raven (2019) verdeutlicht den Einsatz dieser Menschen für ihr ebenso wie das Territorium der dort angesiedelten Walpopulation, ihrer Wal-Verwandten.

Marion Mangelsdorf forscht als Kulturwissenschaftlerin im Bereich der Environmental Humanities an den vielfältigen Beziehungen zu mehr-als-Menschlichem. Als Initiatorin des Ocean TransFlow-Collective sowie von Cultures4Dialogue liegt es ihr am Herzen, Verbindungen zu schaffen zwischen NaturKulturen und den Generationen.

 

7. Bedingungsloses Grundeinkommen und Nachhaltigkeit: Ordnungsökonomische und kulturwissenschaftliche Perspektiven

Tandemvortrag mit Prof. Dr. Karl Justus Bernhard Neumärker, Professor für Wirtschaftspolitik und Direktor der Götz Werner Professur für Wirtschaftspolitik und Ordnungstheorie und PD Dr. Sebastian Kaufmann, Heidelberger Akademie der Wissenschaften Forschungsstelle “Nietzsche-Kommentar“, Deutsches Seminar - Neuere Deutsche Literatur, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Der interdisziplinäre Tandemvortrag widmet sich dem Zusammenhang von bedingungslosem Grundeinkommen und Nachhaltigkeit. Während Prof. Dr. Bernhard Neumärker im ersten Teil aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht die Verbindung von Grundeinkommen und sozialer Nachhaltigkeit erläutert, beschäftigt sich PD Dr. Sebastian Kaufmann im zweiten Teil aus kulturwissenschaftlicher Perspektive mit Verflechtungen zwischen 'Narrativen' des Grundeinkommens und der ökologischen Nachhaltigkeit.

 

8. Stadtentwicklung und Anpassung an Klimawandelfolgen

Tandemvortrag mit Prof. Dr. Hartmut Fünfgeld, Inhaber des Lehrstuhls Geographie des Globalen Wandels & Dr.in Rike Sinder, Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie und Mitglied der Jungen Akademie Nachhaltigkeit

Prof. Dr. Hartmut Fünfgeld: Klimawandelanpassung als kommunaler Entwicklungsprozess: Erfahrungen aus der transdisziplinären Forschung

„Mit welchen Herausforderungen und Zielkonflikten müssen sich Städte und Gemeinden in Anbetracht von Klimawandelauswirkungen auseinandersetzen? Welche stadtplanerischen Maßnahmen treffen Städte und Gemeinden schon heute, um sich auf zukünftige Klimaveränderungen vorzubereiten? Wie lassen sich Klimaschutz und Klimawandelanpassung sinnvoll mit anderen Handlungsbereichen kombinieren? In diesem Vortrag befasst sich Prof. Dr. Hartmut Fünfgeld mit aktuellen Ansätzen im noch jungen Handlungsfeld der kommunalen Klimawandelanpassung und bietet einen Einblick in das Projekt „Lokale Kompetenzentwicklung zur Klimawandelanpassung in kleinen und mittleren Kommunen und Landkreisen“ (LoKlim).“

Dr.in Rike Sinder: Summer in the City - die Rolle des Baurechts für die Klimafolgenanpassung

„Hot town, Summer in the city/Back of my neck getting dirty and gritty/Been down, isn’t it a pity?/Doesn’t seem to be a shadow in the city” sangen 1966 The Lovin’ Spoonful. Was damals ein ungewöhnlicher Aufhänger für einen Welthit war, ist eine halbe Dekade später Allgemeingut: Die Klage über zu heiße Sommer in der Stadt. Nichts liegt näher, als durch Vorgaben zur baulichen Gestaltung von (Wohn-)Gebäuden und Grünflächen Abhilfe schaffen zu wollen. Ein größeres Hindernis bildet indes der (verfassungsrechtlich radizierten) baurechtliche Bestandsschutz. Während der Demokratie in Nachhaltigkeitsdebatten stets eine aus der parlamentarischen Diskontinuität resultierende Gegenwartsfixiert- und Zukunftsvergessenheit attestiert wird, ist das Recht, eine Immobilie in der einmal genehmigten Gestalt zu erhalten, seltsam zeitlos. Der baurechtliche Bestandsschutz gibt dem Eigentümer ein Recht, mit dessen Hilfe er sich gegen staatliche Auflagen zur Veränderung seiner Immobilie effektiv erwehren kann. Maßnahmen der Klimaanpassung können daher nur mit Zustimmung des Eigentümers erfolgen. Welche Möglichkeiten hält das Baurecht daher überhaupt zur Klimaanpassung im Bestand bereit? Wie kann mit rechtlichen Mitteln verhindert werden, dass die Stadt – wie von The Lovin’ Spoonful besungen – nur noch des nachts bewohnbar ist?

 

9. Podiumsdiskussion: Wie setzen wir Nachhaltigkeit an den Universitäten um?

Podiumsdiskussion im Fish-Bowl-Format mit Prof.in Dr.in Daniela Kleinschmit, Prorektorin für Internationalisierung und Nachhaltigkeit & Dr. Jürgen Steck, Leitung Stabsstelle Sicherheit, Umwelt und Nachhaltigkeit & dem studentischen Nachhaltigkeitsbüro.

 

Die interdisziplinäre Vortragsreihe im Wintersemester 2021/22

Eine Übersicht der Themen und Referent*innen des Wintersemesters 2021/22:

 

1. Nachhaltigkeit Unlimited? Der Nachhaltigkeitsdiskurs im Wandel

Prof. Dr. Daniela Kleinschmit, Prorektorin für Internationalisierung und Nachhaltigkeit, Universität Freiburg

Der aktuelle und nahezu allgegenwärtige Nachhaltigkeitsdiskurs hat eine lange Historie und ist politisch seit mehreren Jahrzehnten fest verankert. Dieser Einführungsvortrag startet mit einem Überblick über die Entwicklung des internationalen und deutschen politischen Diskurses zu Nachhaltigkeit und nachhaltiger Entwicklung. Dass sich das Verständnis und die Schwerpunkte von Nachhaltigkeit über die Zeit gewandelt haben, wird anhand verschiedener Modelle und Konzepte der Nachhaltigkeit nachgezeichnet und kritisch beleuchtet. Prof. Kleinschmit zeigt dabei die normativen Erwartungen an eine inter- und transdisziplinäre sowie transformative Nachhaltigkeitsforschung auf und unterfüttert diese mit Beispielen. Gleichzeitig nennt und diskutiert sie die damit in Zusammenhang stehenden Nachhaltigkeitsherausforderungen.

Nachhaltige Universität Freiburg

Lora Gyuzeleva, Nachhaltigkeitsmanagerin Universität Freiburg

Von Ökostrom und PV-Anlagen über nachhaltige Geldanlagen bis hin zum Ideenwettbewerb zur Abfallvermeidung - die Universität Freiburg engagiert sich seit vielen Jahren im Bereich Nachhaltigkeit. Lora Gyuzeleva gibt einen Einblick in die Nachhaltigkeitsziele, den Ist-Stand auf Grundlage des Umweltberichts und aktuelle Projekte.

Zertifikat Nachhaltigkeit: Programmvorstellung

Um was geht es beim Zertifikat Nachhaltigkeit? Was sind Lernziele, wie läuft eine Teilnahme ab? Christoph Pfisterer, Projektkoordinator Zertifikat Nachhaltigkeit, und zwei Vertreter*innen des studentischen Nachhaltigkeitsbüros stellen das neue, freiwillige und zusätzliche Zertifikatangebot der Universität Freiburg vor.

 

2. Grüne Chemie, nachhaltige Pharmazie: Grundlagen, Möglichkeiten, Herausforderungen

 

Prof. Dr. Michael Müller, Professur am Lehrstuhl für Pharmazeutische und Medizinische Chemie am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Universität Freiburg

Eine grüne, nachhaltige Chemie ist eine Voraussetzung für die Lösung zahlreicher Nachhaltigkeitsherausforderungen wie z.B. der Entwicklung einer Kreislaufwirtschaf sowie neuer Produkte, die bereits existierende, umwelt- und gesundheitsschädliche Produkte ersetzen. Prof. Michael Müller führt in die 12 Prinzipien der grünen Chemie ein und diskutiert im Anschluss Bausteine einer nachhaltigen Pharmazie, für die es bisher noch kein etabliertes Konzept gibt.

Nachhaltige Pharmazie hat das Ziel, effektive Therapien unter Berücksichtigung von Umwelt-, sozialen und wirtschaftlichen Kriterien bereitzustellen. Die Prinzipien der grünen Chemie sowie die Analyse globaler pharmazeutischer Lieferketten sind hierbei wichtige Aspekte, doch reichen nicht aus, um die komplexen Wechselwirkungen im Gesundheitssystem zu erfassen. Eine Unterscheidung zum Konzept der “grünen Pharmazie” hilft hierbei, Nachhaltigkeit und Nicht-Nachhaltigkeit klarer zu definieren.

 

3. Plastik, Beton und Holz – die stoffliche Seite der Nachhaltigkeit

Prof. Dr. Stefan Pauliuk, Professor für nachhaltiges Energie- und Stoffstrommanagement  der Universität Freiburg

Energieflüsse und Stoffströme sind für die Abdeckung unterschiedlichster menschlicher Bedürfnisse zentral, sie sind jedoch auch wesentliche Treiber globaler Umweltveränderungen. Die Herstellung von Materialien wie z.B. Zement, Stahl, oder Plastik verursacht ca. ein Viertel aller technischen Treibhausgasemissionen. Der Wissenschaftsbereich ‚Nachhaltiges Energie- und Stoffstrommanagement‘ zeigt die historischen und gegenwärtigen Zusammenhänge zwischen menschlichen Bedürfnissen, Material- und Energienutzung und die aus dieser Nutzung entstehenden Umweltprobleme auf und entwickelt detaillierte Szenarien für die Entkopplung der Bedürfnisabdeckung von globalen Umweltveränderungen. Der Vortrag gibt eine Übersicht über das Forschungsgebiet und stellt zentrale gesellschaftlich relevante Ergebnisse anschaulich dar.

 

4. Nachhaltigkeitsbewertung von technischen Systemen

Prof. Dr. Anke Weidlich, Leitung der Professur für Technologien der Energieverteilung am INATECH der Universität Freiburg

Was sind Kriterien für nachhaltige technische Systeme? Eine nachhaltige Zukunft setzt technische Systeme voraus, die neben einem geringen CO2-Fußabdruck auch wirtschaftliche, soziale und weitere ökologische Kriterien erfüllen.

Anke Weidlich führt in die integrative Nachhaltigkeitsbewertung von technischen Systemen auf Basis quantitativer Indikatoren ein.  Am Fallbeispiel des Energiesystems zeigt sie, dass ambitionierte Emissionsreduktionsszenarien insgesamt top Nachhaltigkeitsbewertungen erreichen können – doch die Ergebnisse der Modellierung sind abhängig von der Auswahl der Indikatoren und deren Gewichtung. Anke Weidlich diskutiert die Herausforderungen bei der Bewertung technischer Systeme und erläutert die Bedeutung nachhaltiger Energiesysteme für die Nachhaltigkeit anderer technischer Systeme. 

 

5. Radeln, Auto fahren oder Fliegen? Praktiken von (Nicht-) Nachhaltigkeit aus soziologischer Perspektive

Prof. Dr. Nina Degele, Leitung der Professur für Soziologie und empirische Geschlechterforschung am Institut für Soziologie der Universität Freiburg

(Nicht-) Nachhaltigkeit ist stets mit konkreten Handlungen im Alltag verbunden: Geht der nächste Ferienausflug mit dem Rad durch den Schwarzwald oder mit dem Flugzeug nach Griechenland? Welche Praktiken sollen auf dem Weg zu einem nachhaltigen Entwicklungspfad für wen, zu welcher Zeit, warum und in welcher Form bewahrt werden? Wer profitiert davon? Wer zahlt die Kosten? Bei der Bewältigung des Klimawandels prallen unterschiedliche Zielsetzungen aufeinander: CO2-Emissionen sollen reduziert werden, bezahlbar sein und gleichzeitig Lebensstile nicht beeinträchtigen. In der Soziologie bieten Praxistheorien einen Blick auf die Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen Strukturen und individuellen Handlungen. Nina Degele zeigt am Beispiel von Reisepraktiken, wie Vorstellungen ‚richtigen‘ Reisens, ökonomische Bedingungen und kulturelle Wertemuster miteinander verbunden sind.

 

6. Informieren, alarmieren, aktivieren? Mediale Nachhaltigkeitskommunikation im Anthropozän

Prof. Dr. Evi Zemanek, Professorin für Medienkulturwissenschaft mit den Schwerpunkten Medienökologie und Medienkomparatistik

Ressourcenerschöpfung, globaler Klimawandel und Artensterben sind im öffentlichen Diskurs omnipräsent. Dies verdanken wir vor allem den Medien, die Missstände thematisieren und politische Entscheidungen kommentieren. Heute ist darüber hinaus jedoch weit mehr von Journalist*innen gefragt: Handlungsoptionen für eine ökosoziale Transformation vorzustellen, Macht und Verantwortung des Menschen im Anthropozän zu diskutieren und eine nachhaltigere Zukunft zu imaginieren. Evi Zemanek skizziert verschiedene Strategien medialer Nachhaltigkeitskommunikation, die zwischen Utopie und Dystopie changieren und versuchen, Ansätze von Aufklärung und Appell, Wissenspopularisierung und Unterhaltung auszubalancieren. Diskutiert werden Prinzipien und Potenziale eines grünen, nachhaltigen Journalismus in unserer gegenwärtigen Medienkultur, deren eigene Nachhaltigkeit angesichts ihres ökologischen Fußabdrucks auf dem Prüfstand steht.

 

7. Geschichte(n) der Nachhaltigkeit: Mensch und Umwelt aus historischer Perspektive

Prof. Dr. Melanie Arndt, Direktorin des Lehrstuhls für Wirtschafts-, Sozial-  und Umweltgeschichte am Historischen Seminar der Universität Freiburg

„Aus der Geschichte lernen“, heißt es oft im öffentlichen Diskurs. Doch inwieweit ist das überhaupt möglich? Was haben heutige politische oder auch wissenschaftliche Debatten zur Nachhaltigkeit mit Geschichte zu tun? Die Vorlesung setzt sich zum Ziel, zu zeigen, warum es sich lohnt, sich mit Kontinuität und Wandel von Nachhaltigkeit in der Geschichte auseinanderzusetzen und mehr über Hans Carl von Carlowitz zu wissen, als dass er den Begriff „nachhaltig“ prägte. Warum wurde Nachhaltigkeit ausgerechnet im 17. Jahrhundert zum Thema? Welche Probleme sollte sie lösen und für wen galt diese „pflegliche“ Wirtschaftsweise?

Die Vorlesung verfolgt Ideen, Umsetzungen und Grenzen von Nachhaltigkeit vom 16. Jahrhundert bis ins 21. Jahrhundert. Sie fragt danach, welche Rolle historische Zäsuren wie die „Entdeckung“ Amerikas, die Erfindung der Dampfmaschine oder die Aufteilung der Welt im Kalten Krieg für unser Verständnis von Nachhaltigkeit spielen und geht dabei auch auf kontroverse Debatten in der (Umwelt-)Geschichte ein.

 

8. Governance für Nachhaltigkeit – wie steuern in Richtung Nachhaltigkeit?

Prof. Dr. Michael Pregernig, Leitung der Professur für Sustainability Governance am Institut für Umweltsozialwissenschaften und Geographie der Universität Freiburg

Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik haben in den letzten Jahrzehnten einen deutlichen Gestaltwandel durchlaufen – hinsichtlich der beteiligten staatlichen und nichtstaatlichen Akteure, der eingesetzten Steuerungsstrategien, der relevanten Ebenen und der dominanten Diskurse etc.. Ursachen und Ausprägungsformen dieses Gestaltwandels werden oft am Begriff der „Governance“ festgemacht. Michael Pregernig wird in dieser Einheit einmal die Karriere des Begriffs „Governance“ kritisch beleuchten und in unterschiedliche Konzepte von Governance einführen: vom bedeutungsleeren Modewort über die normative Lesart des „good governance“ bis zu analytischen und kritischen Interpretationen. Festgemacht an den spezifischen Problemstrukturen nachhaltigkeitspolitischer Problemlagen werden des Weiteren die Spezifika von Governance in der Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik herauszuarbeiten versucht. Anhand ausgewählter Beispiele wird der Frage nachgegangen, inwieweit die mit dem Konzept der „Governance für Nachhaltigkeit“ verbundenen Erwartungen und Versprechungen, insbesondere hinsichtlich erhöhter Legitimität und Effektivität, tatsächlich realisierbar sind.

 

9. Energiewende und soziale Gerechtigkeit

Tandemvortrag mit Prof. Dr. Hans-Martin Henning, Inhaber der Professur für Solare Energiesysteme am INATECH der Universität Freiburg und Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg & PD Dr. Philipp Späth, Professor für Sustainability Governance am Institut für Umweltsozialwissenschaften und Geographie der Universität Freiburg

Prof. Dr. Hans-Martin Henning: Auf dem Weg in eine klimaneutrale Energieversorgung - Transformationspfade für die deutsche Energiewende

Prof. Hans-Martin Henning stellt mögliche Entwicklungen des deutschen Energiesystems von heute bis zur Mitte des Jahrhunderts dar, die zu einer Reduktion energiebedingter CO2-Emissionen um 55 % bis 65 % bis 2030 und 95 % bis 100 % zum Jahr 2050 gegenüber dem Vergleichswert aus dem Jahr 1990 führen. Basis der Untersuchungen bildet eine techno-ökonomische Optimierung unterschiedlicher Transformationspfade. Neben Fragen der technischen Machbarkeit und der Kosten spielt gesellschaftliches Verhalten eine maßgebliche Rolle dafür, ob und in welcher Form eine Umsetzung der Energiewende gelingen wird. Um diesem Aspekt Rechnung zu tragen, werden im Vortrag unterschiedliche Entwicklungen dargestellt, bei denen jeweils unterschiedliche gesellschaftliche Verhaltensweisen und Einstellungen eine dominante Rolle spielen und somit den Rahmen für die weitere Entwicklung der Energiewende vorgeben.

PD Dr. Philipp Späth: Ist die Energiewende gerecht? Und wer sollte das, wie, beurteilen?

In Diskussionen über Strategien und Maßnahmen zur Klimaneutralität wird zunehmend Gerechtigkeit als gestaltendes Prinzip eingefordert. Philipp Späth, Koordinator des deutschen Beitrags zum internationalen Forschungsprojekt „Reconfiguring Energy for Social Equity“ (ReSET), wirft einen sozialwissenschaftlichen Blick auf die Energiewende in Deutschland: Welche Gerechtigkeitsüberlegungen fließen in die aktuelle Debatte ein? Von wem wurden Aspekte der Gerechtigkeit in den politischen Prozess eingebracht und wie wurden sie auf Stichhaltigkeit überprüft? Späth argumentiert, dass neben einer soliden Faktenbasis und technisch-ökonomischen Alternativen auch die ethische Bewertung von Verteilungswirkungen für energiepolitische Entscheidungen zentral ist. Der Vortrag gibt einen Ausblick, wie energiepolitische Entscheidungen zukünftig noch demokratischer und weitsichtiger getroffen werden können, um Gerechtigkeitsansprüche in der Gesellschaft systematisch und transparent aufzunehmen.  

 

10. Klimawandel und Recht

Tandemvortrag mit Prof. Dr. Andreas Christen, Leitung der Professur für Umweltmeteorologie am Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften und Institut für Forstwissenschaften der Universität Freiburg & Prof. Dr. Jens-Peter Schneider, Professor für Öffentliches Recht mit Europäischem Verwaltungs-, Informations- und Umweltrecht am Institut für Medien- und Informationsrecht der Universität Freiburg

Prof. Dr. Andreas Christen: Was geschieht mit unseren CO2-Emissionen im globalen System?

Jedes Jahr emittieren wir Menschen vierzig Gigatonnen (das sind 40000000000 t) zusätzliches CO2 in die Atmosphäre mit den Folgen eines sich weiter verstärkenden globalen Treibhauseffektes und des damit ausgelösten Klimawandels. Diese menschgemachte, bedeutende Veränderung der Atmosphäre wird seit nahezu fünfzig Jahren hier in Freiburg auf dem Schauinsland beobachtet, wo die gemessene Konzentration des CO2 stetig ansteigt. Doch Daten vom Schauinsland zeigen auch, dass sich zurzeit nur die Hälfte des vom Menschen emittierten CO2 in der Atmosphäre anreichert – die andere Hälfte wird von Ozeanen und Landpflanzen aufgenommen. Können wir uns auch in Zukunft auf Landpflanzen und Ozeane verlassen, die einen Teil unserer Emissionen aufnehmen? Können Emissionsreduktionen lokal und global detektieren? Der Vortrag folgt unseren CO2 Emissionen im globalen Kohlenstoffkreislauf und zeigt, wie die Uni Freiburg in internationaler naturwissenschaftlicher Zusammenarbeit, z.B. in der Europäischen Forschungsinfrastruktur „Integrated Carbon Observation System (ICOS)“ beiträgt, dass wir die CO2 Konzentrationen in der Atmosphäre global bestimmen, unsere CO2 Emissionen und Emissionsreduktionen erfassen und quantifizieren, aber auch die Aufnahme des CO2 durch Landpflanzen messen und modellieren.

Prof. Dr. Jens-Peter Schneider: Vom Pariser 2°-Ziel zum Klimaschutzgesetz: Rechtliche Grundlagen des Klimaschutzes in Deutschland

Klimaschutzaktivist*innen rufen weltweit zunehmend Gerichte an, um Regierungen zur Verabschiedung und Umsetzung von weitreichenden Klimaschutzmaßnahmen rechtlich zu verpflichten. In Deutschland entschied das Bundesverfassungsgericht am 24.3.2021 auf eine Verfassungsbeschwerde hin, dass die Regelungen des nationalen Klimaschutzgesetzes vom 12.12.2019 teilweise mit den Grundrechten der jungen Beschwerdeführenden unvereinbar sind.

Welche Rechtsgrundlagen spielen eine Rolle für den Klimaschutz in Deutschland? Prof. J. P. Schneider führt in die internationalen, europäischen und deutschen Rechtsgrundlagen ein und diskutiert die Klimaentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.3.2021.

 

11. Artenvielfalt, Ernährung und Gesundheit

Tandemvortrag mit Prof. Dr. Alexandra-Maria Klein, Leitung der Professur für Naturschutz und Landschaftsökologie am Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften der Universität Freiburg & Prof.  Dr. med. Roman Huber, Leitung des Uni-Zentrums Naturheilkunde der Uniklinik Freiburg und FA für Innere Medizin und Gastroenterologie, Ernährungsbeauftragter Arz

Prof. Dr. Alexandra-Maria Klein: Biodiversität und Ernährung: Warum sind wilde Bestäuber wichtig?

Ein Großteil unserer Lebensmittel ist mit Biodiversität verknüpft. Anhand der Bestäubung von Kulturpflanzen wird in dem Vortrag beleuchtet, warum es nicht ausreicht auf eine Biene, die Honigbiene, als eine von 20.000 Wildbienenarten, zu setzen, um die Bestäubungsleistung nachhaltig zu sichern. Ein naturnahes Management der Agrarlandschaft ist nötig, um Artenvielfalt für die pflanzliche Lebensmittelproduktion zu nutzen. Die Bestäubung durch Vielfalt bringt Sicherheit im Klimawandel. Weiter kann die Bestäubungsweise die Mikronährstoffzusammensetzung und damit Qualität von Früchten beeinflussen. In einer Welt ohne Bienen und andere blütenbesuchende Insekten, würden uns essentielle Vitamine verloren gehen. Wollen wir diese zukünftig durch Chemie ersetzen? Mit dieser und weiteren Fragen im Spannungsfeld Landwirtschaft, Biodiversität und Ernährung werden sich die Zuhörer an diesem Abend beschäftigen.

Prof. Dr. med. Roman Huber: Was ist gesunde Ernährung?                                                                            

Welche Nahrungsmittel spielen welche Rolle für Gesundheit und Krankheit? Prof. Huber bietet einen Überblick über die Rolle von Nahrungsmitteln pflanzlicher und tierischer Herkunft, ihren Einfluss auf Gesundheit und Krankheit und nimmt hierbei mehrere Perspektiven ein: Was sollten Menschen mit westlichem Lebensstil besonders berücksichtigen? Welche Besonderheiten gelten in sogenannten „Entwicklungsländern“, und welche individuellen Faktoren spielen eine Rolle für eine gesunde Ernährung?

 

12. Ungleichheit und Umweltgerechtigkeit

Tandemvortrag mit Prof. Dr. Manuela Boatcă, Leitung der Professur für Soziologie mit Schwerpunkt Makrosoziologie am Institut für Soziologie der Universität Freiburg & Prof. Dr. Hartmut Fünfgeld, Inhaber des Lehrstuhls für Geographie des Globalen Wandels am Institut für Umweltsozialwissenschaften und Geographie der Universität Freiburg

Prof. Dr. Manuela Boatcă: Koloniale Ursachen heutiger Umweltkrisen am Beispiel der Karibik

Die jahrhundertelange Plantagenökonomie in der Karibik hat bis heute nicht nur sozio-ökonomische, sondern auch zunehmende ökologische Folgen. Durch Rodungen und Entwaldung wurde die Bodenfestigkeit angegriffen und so die Vulnerabilität gegenüber Hurrikanen erhöht. Umwelthistoriker*innen haben unlängst dargelegt, dass Zuckerrohrplantagen, für die karibische Inseln ab dem 17. Jahrhundert fast vollständig abgeholzt wurden, auch für einen starken Anstieg von Erdrutschen verantwortlich sind. Im Vortrag werden heutige Strategien des Umgangs mit diesen Folgen in unabhängigen wie noch kolonisierten Gebieten der Karibik erörtert und der Zusammenhang mit den Möglichkeiten transnationaler Mobilität diskutiert. 

Prof. Dr. Hartmut Fünfgeld: Umweltgerechtigkeit: Soziale Bewegung und transdisziplinäre Forschungsperspektive

Im Kampf gegen den anthropogenen Klimawandel, den Raubbau an der Natur und die Marginalisierung lokaler und indigener Lebensweisen sind Fragen der Umweltgerechtigkeit in den letzten Jahren auch hierzulande stärker in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt. Sozialen Bewegungen, Nichtregierungsorganisationen und zusehends auch Wissenschaftler*innen dient Umweltgerechtigkeit als transdisziplinärer Handlungs- und Forschungsrahmen, der Ungerechtigkeiten an der Schnittstelle von Gesellschaft-Umwelt-Problemen anmahnt und differenzierte Perspektiven auf die Ausbeutung natürlicher Ressourcen und soziale Benachteiligung eröffnet. Der Vortrag führt aus der Perspektive humangeographischer Forschung in die Ursprünge, Potenziale und Herausforderungen von Umweltgerechtigkeitsansätzen ein. 

 

13. Wirtschaft und Klimawandel

Tandemvortrag mit Prof. Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftspolitik und Ordnungsökonomik am Institut für Wirtschaftswissenschaften der Universität Freiburg und Direktor des Walter Eucken Instituts Freiburg & Prof. Dr. Nina Degele, Leitung der Professur für Soziologie und empirische Geschlechterforschung am Institut für Soziologie der Universität Freiburg

Prof. Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld: Der ökonomische Weg zu einem effektiven Klimaschutz

Der Klimaschutz rückt immer stärker in den Mittelpunkt der Politik. Waren zu Beginn der Corona-Pandemie noch Befürchtungen laut geworden, dass die Klimapolitik nun wieder in den Hintergrund treten sollte, hat sich in Deutschland und Europa doch ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz gezeigt. In diesem Vortrag legt Prof. Lars Feld aus ökonomischer Sicht dar, was die wichtigsten politischen Schritte zur Erreichung der Klimaziele ab der kommenden Legislaturperiode sind. Dabei stehen die CO2-Bepreisung und die Etablierung eines effektiven internationalen Klima-Clubs im Zentrum dieser Überlegungen. Begleitende Maßnahmen zur Kompensation von Belastungen durch die CO2-Bepreisung, zur Beförderung des erforderlichen technologischen Wandels in der Industrie und zur Forschung im Bereich klimafreundlicher Technologien komplementieren diese Politik.

Prof. Dr. Nina Degele: Teurer als Geld: Die Externalisierung von sozialen und Umweltkosten im Kapitalismus

Die Folgen des Klimawandels kosten immer mehr: 2021 wird mit großer Wahrscheinlichkeit das teuerste Schadensjahr für Versicherer werden; spätestens mit dem Hochwasser in NRW und Rheinland-Pfalz ist der Klimawandel auch im Bewusstsein der Deutschen als Krise angekommen.

Kapitalismuskritiker*innen wie Jason Moore, Andreas Malm und Nancy Fraser argumentieren, dass die Klimakrise die Folge eines kapitalistischen Wirtschaftssystems und damit verbundenen Lebensweisen ist, weil diese nicht ohne Wachstum und Externalisierung von Kosten – d.h. Kosten, die Produzent*innen und Konsument*innen verursachen, aber von der ganzen Gesellschaft getragen werden - funktionieren kann. Externalisierungen beziehen sich auf „Gratisleistungen“ wie natürliche Ressourcen, das Gemeinwesen und Reproduktion/Care-Arbeit und bilden die unhinterfragten Hintergrundbedingungen einer nicht-nachhaltigen Gesellschaft. Degele bietet einen Überblick über die Zusammenhänge von Externalisierung, Nicht-Nachhaltigkeit und Klimawandel über Geldwerte hinaus.

 

14. Mensch und Natur: Geschichte, Gegenwart und mögliche Zukunft einer Beziehung

Prof. Dr. Regine Kather, außerplanmäßige Professorin für Philosophie am Philosophischen Seminar der Universität Freiburg

Prof. Dr. Regine Kather: Natur als Prozess: Menschen als Teil und als Gegenspieler der Natur. 

Viele Debatten erwecken den Eindruck, dass die Natur stabil wäre, wäre da nicht der Mensch, der diese harmonische Ordnung durcheinander bringt… Doch auch ohne menschliche Eingriffe ist die Natur aufgrund vielfältiger Faktoren ein veränderliches System. Spätestens seit dem Ende der letzten Eiszeit vor ca. 12 000 Jahren haben Menschen jedoch zunehmend Landschaften geprägt und Tiere sowie Pflanzen nach ihren Maßstäben gezüchtet. Seit der Industrialisierung sind Menschen vollends zu einem gestaltenden Faktor geworden. Wie können Menschen der Eigendynamik der Natur und damit dem Fortgang der Evolution weiterhin Freiraum geben? Prof. Regine Kather stellt eine Vielfalt an Naturschutzkonzepten vor, die von anthropozentrischen bis hin zu holistischen Ansätzen reichen.